Zeitig in der Früh bringt uns unser Flug von Jakarta nach Pangkalan Bun in Borneo. Wir sind hier direkt im Dschungel und unser Ziel ist es Orang Utans zu finden. Orang Utans stehen auf der Liste der bedrohten Tierarten ganz oben und schon lange war es mein großer Wunsch diese Tiere in freier Wildbahn zu beobachten. Leider gibt es von den rotbraunen Menschenaffen nur noch sehr wenige auf der Welt. Da ihr Lebensraum immer weiter zerstört wird und die Jagd auf junge Orang Utans noch immer weit verbreitet ist, sind diese Tiere vom Aussterben bedroht. Die einzigen Orte, an denen Orang Utans in freier Wildbahn noch leben können, sind die beiden indonesischen Inseln Sumatra und Borneo.
Das Abenteuer beginnt
Direkt vom Flughafen werden wir in die Hafenstadt Kumai gebracht wo auch schon bald darauf unser Guide Sonny eintrifft und wir gemeinsam unser Boot, hier auch Klotok genannt, beziehen. Neben Sonny sind auch noch ein Kapitän, eine Köchin und ein Matrose mit an Bord. Gemeinsam werden wir die nächsten Tage auf diesem Klotok verbringen. Während die Crew das untere Deck des Bootes nutzt, haben wir das komplette Oberdeck für uns alleine. Auf dem Bug befinden sich ganz vorne gemütliche Sitzmöglichkeiten und ein Tisch, an dem wir regelmäßig mit den verschiedensten indonesischen Köstlichkeiten verwöhnt werden. Dahinter liegen vier aufgestapelte Matratzen, die jedes Mal zum Nachtlager umfunktioniert werden und auf denen wir in den folgenden Nächten schlafen. Nachdem alle Essensvorräte an Bord gebracht wurden, wirft der Kapitän den Motor an und schon geht es los!
Ein paar Kilometer vom Hafen in Kumai flussaufwärts entfernt biegen wir ab in den Sekonyer Fluss. Hier ist auch die Einfahrt in den Tanjung Puting Nationalpark. Ruhig tuckert unser Klotok auf dem Fluss entlang während eine wunderschöne Dschungellandschaft an uns langsam vorüberzieht. Eine völlig andere Welt erleben wir hier und schneller als ich dachte bin ich „angekommen“. Angekommen in einer völligen Entspanntheit, sehr dankbar für das was ich hier erleben darf, fernab jeglichen Bürotrubels und der alltäglichen Hektik unserer gewohnten Umgebung! Und auch der Blick auf unsere Mobiltelefone bestätigt: kein Mobilfunknetz mehr da! Wir scheinen wirklich im Dschungel angekommen zu sein! 🙂
Es geht ca. 20 km tief in den Regenwald hinein. Wir lassen die Natur an uns vorüberziehen, sie zu beschreiben fällt schwer! Grün in allen möglichen Farbtönen egal wo man hinschaut. Riesengroße Pflanzen und je tiefer wir in den Dschungel fahren, desto mehr Tiere entdecken wir vom Boot aus. Vögel, die wir vorher nicht kannten, verschiedene Affenarten, wie Gibbons, Makaken und Nasenaffen, riesengroße Schmetterlinge und Wasserschlangen. Sonny kennt diese Tiere alle und wenn wir Fragen an ihn haben, steht er uns erklärend zur Seite. Unsere Kameras laufen auf Hochtouren und der Kapitän verlangsamt das Tempo des Bootes oder hält an wann immer wir wollen. Ich bin schon jetzt einfach nur sprachlos und völlig überwältigt!
Kurze Zeit darauf bekommen wir das Mittagessen serviert. Spätestens jetzt komme ich aus dem Staunen gar nicht mehr heraus was unsere Köchin mit den einfachen Möglichkeiten auf dem Boot alles gezaubert hat: frisch gegrillter Fisch, Gemüse, Seespinat mit reichlich Knoblauch und Chili, Sojabohnen und natürlich Reis, köstlich!
Nach einer kurzen Mittagspause – ich kann mich vom vielen Essen eigentlich kaum mehr bewegen – unternehmen wir einen kurzen Spaziergang durch ein Dschungeldorf. „Isn’t it too hot for you now?“ fragt Sonny verwundert. Ja, es ist heiß! Sehr heiß sogar bei Temperaturen von über 30 °C, aber wir wollen dieses abgelegene und einzige Dorf trotzdem ein bisschen näher erkunden. Der Schweiß läuft in Strömen, die Luftfeuchtigkeit von weit über 90 % tut ihr übriges. Trotzdem marschieren wir durch den kleinen Ort, in dem die Menschen mit einfachsten Mitteln leben. Wir spazieren an kleinen Holzhütten vorbei, in denen die Menschen wohnen. Motorräder, die als Fortbewegungsmittel dienen, parken davor und ein kleiner Bach in dem ein paar kleine Kinder ausgelassen herumtollen und dessen Wasser auch fürs Wäsche waschen verwendet wird, erregt unsere Aufmerksamkeit.
Wir kommen den Auswilderungsstationen näher
Nach dem Spaziergang durch das Dorf und einer weiteren kurzen Fahrt mit unserem Boot kommen wir zum ersten Orang Utan Beobachtungspunkt. Das Klotok wird am Anleger festgebunden und voller Spannung machen wir uns gemeinsam mit Sonny zu Fuß auf den Weg in den Dschungel. Habe ich schon erwähnt, dass es heiß ist? Nach wenigen Metern bin ich bereits völlig durchgeschwitzt und der Fotorucksack klebt an mir. Ich bin allerdings in dem Moment nur froh, dass mich keine Mücken nerven, bin freudig gespannt auf die Orang Utans und höre Sonny zu, der uns über die hier lebenden Menschenaffen aufklärt.
Die drei Beobachtungsstellen, dir wir aufsuchen, gehören zu Auswilderungsstationen (Tanjung Harapan, Pondok Tanguy, Camp Leakey). Die bekannteste Station, das Camp Leakey, wurde 1971 hier im Nationalpark gegründet. Noch immer werden in Indonesien viele Orang Utan Babys gefangen und an private Haushalte verkauft, die die Tiere als Haustiere halten. Die Mütter der Orang Utan Babys werden von den Wilderern getötet. Die Auffangstation versorgt derzeit mehr als 300 Orang Utans. Neben den vielen Waisentieren, die aus den privaten Haushalten konfisziert wurden, wurden andere, meist ältere Tiere, in den an den Wald angrenzenden Palmölplantagen oder auf der Flucht aus einem brennenden Waldgebiet gefangen. Viele der Tiere sind schwer traumatisiert und haben Krankheiten und Verletzungen. Ohne eine intensive Betreuung würden sie nicht überleben. In den Auffangstationen werden die Tiere auf ein selbstständiges Leben im Dschungel vorbereitet, bevor sie langsam wieder ausgewildert werden. Die Tiere, die wir hier im Wald so nah beobachten können, sind also fast alle „semi-wilde“ Tiere und werden von den Rangern nach wie vor am bestimmten Stellen im Wald gefüttert.
Auf kleinen unbefestigten Trampelpfaden bahnen wir uns unseren Weg in den Regenwald, bevor wir zu ersten Fütterungsstelle gelangen. Einige Ranger hatten kurz davor Bananen als Futter bereit gelegt. Es dauert auch nicht lange: Plötzlich knacken die Äste und das Laub raschelt. Wenn die Tiere kommen, kann von Heranschleichen wahrlich keine Rede sein! Das haben die Orang Utans aber auch nicht nötig, denn außer den Menschen haben sie keine natürlichen Feinde. Ich blicke nach oben und sehe die ersten Tiere – ein unglaublicher Anblick, wie sie elegant von Ast zu Ast klettern. Manche der Tiere haben kleine Babys, die sich im Fell der Mutter festklammern und neugierig auf uns herab blicken. Es ist ein wunderschönes Gefühl diese Tiere hier eine Weile beobachten zu dürfen! Deshalb lege ich auch immer wieder die Kamera zur Seite und erfreue mich einfach am Anblick der Menschenaffen.
Beim Rückweg zur Anlegestelle des Bootes hängt jeder von uns seinen Gedanken nach, fast wortlos legen wir den Wanderweg zurück. Unser Guide Sonny sieht uns an wie begeistert wir sind. Ehrfürchtig und traurig denke ich an die Menschenaffen, die vom Aussterben bedroht sind, und würde in diesem Moment alles mir mögliche tun um zumindest einige weitere Tiere zu retten.
Erneute Begegnungen
Auch in den nächsten Tagen verbringen wir immer wieder einige Zeit bei den Tieren im Dschungel und können viele interessante Situationen beobachten. Ein spannender Moment, als das große Alphamännchen sich durch das Knacken brechender Äste im Blätterdach ankündigt! Mit der Gelassenheit der jüngeren Orang Utans ist es schnell vorbei, schnell schnappen sie sich noch ein paar Bananen, bevor sie das Feld für den großen Artgenossen räumen. Im dichten Blätterdach verlieren wir das Männchen für einige Zeit aus den Augen. Es dauert aber nicht lange bevor er im Busch neben der Futterplattform wieder auftaucht. Groß und voller Kraft strotzend steht er nur ein paar Meter vor uns. Er schnappt sich ebenfalls ein paar Bananen und verschwindet sofort wieder im Dickicht des Dschungels. Witzig anzusehen sind die kleinen Orang Utans, die sich immer wieder zwischendurch von den Muttertieren entfernen uns selbst die Gegend ein bisschen erkunden, bevor sie wieder Schutz suchen und zurückkommen.
Auf den Fahrten zwischen den Beobachtungsstellen genießen war das köstliche Essen und die wunderschöne Natur. Die Nächte verbringen wir auf dem Boot und die Crew kommt unserer Bitte, ruhige Übernachtungsstellen, die wir für uns alleine haben zu finden, auch jeden Tag nach. Mit geübten Griffen wird unser Boot mit einem Seil einfach an den dicken Blättern der Palmen festgebunden. Mit den Geräuschen des Dschungels und dem lauten Zirpen der Zikaden schlafen wir jeden Tag ein und werden zeitig am Morgen davon auch wieder geweckt.
Die wunderbaren Erlebnisse bei den Orang Utans im Dschungel gehen für mich viel zu schnell vorbei und schneller als ich dachte müssen wir uns von Sonny und unserer Bootscrew auch wieder verabschieden. Aber voller Dankbarkeit für das kürzlich Erlebte freue ich mich auf die Abenteuer meiner Indonesienreise, die noch vor mir stehen…
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