Nach Madagaskar weist die indonesische Insel Sulawesi die höchste Zahl endemischer Tierarten unserer Erde auf! Grund genug für uns auch dieser Insel zumindest einen Kurzbesuch während unserer langen Reise abzustatten! In den beiden Nationalparks Nantu-Boliyohuto und Bogani Nani Wartabone, sowie im Naturschutzgebiet Tangkoko Batuangus im Norden Sulawesis, finden viele dieser Tiere die letzten Rückzugsgebiete. Und genau dieses Naturschutzgebiet wollen wir mit unserem Guide näher erkunden.
Das Schutzgebiet Tangkoko erstreckt sich um die Vulkankegel des Gunung Duasaudara und Tangkoko. Im Park grenzen dichter Dschungel und weite Täler direkt an endlose Strände aus schwarzen Vulkansand. Auf einer Fläche von nur knapp 90 km2 birgt es eine ungewöhnlich vielfältige Fauna und Flora. Einige Tiere wird man nur selten zu Gesicht bekommen. Beobachten kann man aber winzige, nachtaktive Koboldmakis, Kuskuse, Nashornvögel und Schwarze Schopfmakaken. Vor allem die Schopfmakaken mit ihrer lustigen „Irokesenfrisur“ sind es auch, die unser Interesse sehr geweckt haben. Sie wollen wir unbedingt vor die Linsen bekommen.
Nächtliche Ankunft auf Sulawesi
Unser Flieger erreicht mitten in der Nacht den Flughafen Sam Ratulangi in Manado. Schnell haben wir unser Gepäck wieder aufgesammelt und unser Guide Donald erwartet uns ebenfalls schon mit unserem Fahrer vor dem Flughafengelände. Nach einer ca. eineinhalbstündigen Autofahrt erreichen wir unsere Lodge im äußersten Nordosten des Landes. Die Zimmer sind sehr schlicht gehalten und spärlich möbliert und ich wurde bereits erwartet… Mit ungefähr 50 munteren Stechmücken muss ich mir die nächsten Nächte mein Zimmer teilen, die sich über meine Ankunft sehr freuen! „Na, das kann ja lustig werden!“ denke ich mir noch besorgt, als ich mein Gepäck abstelle und die Tür hinter mir schließe. Der Mückenstecker in der Steckdose leistet offensichtlich aber gute Arbeit. Und so schlafe ich hundemüde auch bald darauf ein. Die Lage der Lodge direkt neben dem Naturschutzgebiet ist der perfekte Ausgangspunkt für unsere kommenden Dschungeltouren und kann zumindest in dieser Hinsicht zu hundert Prozent punkten!
Auf in den Dschungel
Nach gerade mal 3-4 Stunden Schlaf geht es zeitig in der Früh auch schon los. Bevor wir um fünf Uhr früh aufbrechen, bleibt gerade noch Zeit für einen schnellen Morgenkaffee bzw. -tee. Nach einer kurzen Autofahrt, erwartet uns am Parkeingang auch schon Ifon, eine Rangerin, die das Naturschutzgebiet wie ihre Westentasche kennt und genau weiß wo sich die Tiere aufhalten. Zuerst marschieren wir mit ihr und Donald noch den breiten Weg entlang, doch dann biegt Ifon mit uns plötzlich nach rechts ab – querfeldein schlagen wir uns durch den Busch. Ifon legt dabei ein ordentliches Tempo vor und wir hechten ihr hinterher. Bei unserer langen mückenstichfesten Kleidung, unseren Fotorucksäcken, den steigenden Temperaturen und der sehr hohen Luftfeuchtigkeit wird dieses Dschungelabenteuer selbst so zeitig in der Früh ganz schön schweißtreibend!
Ein Riesenvogel
Schnaufend bleiben wir stehen, als sich Ifon plötzlich umdreht und uns zu verstehen gibt, dass wir uns leise verhalten sollen. Sie weiß ganz in der Nähe den Ort einer Bruthöhle eines Helmhornvogels (Rhyticeros cassidix)! Die Spannung steigt, als wir uns langsam nähern. „A young hornbill …up there in the breeding burrow!“ flüstert Ifon uns zu. Und wirklich! Hoch oben in den Bäumen erkennen wir eine Bruthöhle aus der immer wieder ein kleiner hungriger Schnabel herausragt. Wir beobachten die Bruthöhle ziemlich lange, aber nichts passiert. Der fütternde Elternvogel lässt sich leider nicht blicken. Erst einige Zeit später bemerkt Ifon einen Helmhornvogel im Vorbeiflug, der sich einige Meter von der Bruthöhle entfernt auf einem anderen Baum niederlässt. Das Elterntier bleibt jedoch geduldig sitzen und mustert uns von oben herab.
Die Größe des Vogels ist wirklich beeindruckend! Mit einer Flügelspannweite von bis zu zwei Metern zählt er zu den größten Vögeln auf dieser Insel, der hier endemisch ist. Das Naturschutzgebiet Tangkoko hat mit 51 Vögeln pro km2 die höchste Dichte an Hornvögeln weltweit! Sehr gerne hätten wir das Tier bei der Fütterung beobachtet, aber der Helmhornvogel erweist sich als geduldiger als wir es sind. Und so marschieren wir einige Zeit später weiter, wir haben schließlich noch eine andere Mission vor uns…. sie gilt den Schopfmakaken!
Lustige Familienbande
Ifon und Donald hatten eine Schopfmakakenfamilie (Macaca nigra) am Abend zuvor an einem Platz gesichtet an dem sie sie auch noch heute morgens vermuten. Die Yakis, wie sie von den Einheimischen genannt werden, sind eine sehr seltene Affenart. Sie kommen nur in Nord-Sulawesi und auf einer kleinen vorgelagerten Insel vor. Mit dem Tangkoko Batuangus Naturschutzgebiet wurde 1980 ein Lebensraum für die letzten ihrer Art geschaffen. Mit bis zu 10 kg zählen sie zu den kleineren Makakenarten. Typisch sind ihre bernsteinfarbenen Augen und ihre Irokesenfrisur, die ihnen zu ihrem Namen verhielf. Diese geselligen, tagaktiven Primaten leben in Gruppen bis zu 100 Tieren, wobei weibliche Tiere stets in der Überzahl sind.
Wir haben Glück, in der Nähe einer kleinen Wasserstelle finden wir eine ziemlich große Familie von Schopfmakaken vor! Es ist lustig zu beobachten wie manche Tiere von Baum zu Baum springen, andere herumtoben, kleinere Tiere den Schutz der Mutter suchen und manch andere einfach nur faul herumliegen. Die Makaken lassen sich von uns überhaupt nicht stören, manche Tiere sind neugierig und kommen ziemlich nahe zu uns heran bis sie über unseren Köpfen wieder in den Bäumen verschwinden.
Es ist ein wunderbares Gefühl diesen besonderen Tieren so nahe sein zu können und so viel Zeit mit ihnen verbringen zu können! Nach unseren Erlebnissen bei den Orang Utans zu Beginn unserer Reise zählen diese Begegnungen mit Sicherheit ebenso zu unseren indonesischen Reisehighlights!
Hunger macht sich breit
Ich vergesse hier inmitten der Affen völlig die Zeit, merke aber dann irgendwann wie mein Magen ordentlich knurrt und bin dann doch froh, als Ifon uns zum Aufbruch bittet. Es ist bereits 11 Uhr und die Sonne steht ohnehin schon viel zu hoch am Himmel. Die heißen Temperaturen schlagen mich auch ziemlich nieder und so bin ich froh doch wieder in die Lodge zurückzukehren, wo ein voll gedeckter Tisch bereits auf uns wartet! Nach dem Essen habe ich nur mehr den großen Wunsch mich in die Waagrechte zu begeben und mich für ein paar Stunden auszuruhen, bevor die nächste Dschungeltour auf uns wartet.
Abendliche Dschungeltour
Wir hatten zwar schon einige unserer Wunschmotive in den Stunden zuvor gesichtet, aber noch fehlten uns ein paar Exemplare. Außerdem möchten wir uns auf die Suche nach einer weiteren Schopfmakakenfamilie machen. Sie sind zumindest meine absoluten Lieblinge! An den flotten Schritt von Ifon haben wir uns mittlerweile gewöhnt, an die Temperaturen und die extrem hohe Luftfeuchtigkeit jedoch nicht…! Es geht wieder kreuz und quer und bergauf und -ab durchs Gestrüpp. Völlig durchgeschwitzt und gefühlte 10 Kilometer später raschelt es plötzlich neben uns und als ich aufblicke, springt ein Schopfmakak auf den nächsten Baum und blickt uns verdutzt an. Ich freue mich die nächste Affenfamilie gefunden zu haben und bin froh über das gute Gespür und die Erfahrung unserer beiden Guides, die mich ebenfalls freudestrahlend ansehen.
Rund um einen Brettwurzelbaum turnen die quirligen Affen herum, kümmern sich um die gegenseitige Körperpflege und ich versuche noch einmal sie „ins beste Licht zu rücken“. Wobei das „Licht“ von Minute zu Minute immer weniger wird. Als sich die Affenfamilie von uns entfernt und sich einen Schlafplatz sucht, brechen auch wir auf.
Kleine Dschungelkobolde
Ifon will uns unbedingt noch eine Sulawesi-Koboldmakifamilie (Tarsius) zeigen, die wir ohnehin auch noch zu Gesicht bekommen wollten! Auch diesmal weiß sie genau wo sie suchen muss und wird auch schnell fündig. Über uns in kleinen Baumhöhlen und Zwischenräumen sollen sie wohnen… Die kleinste Art aller Primaten! Und wenn Ifon sie mir nicht gezeigt hätte, ich hätte sie bestimmt nie von alleine entdeckt! Ein ca. 10 cm kleines Fellknäuel liegt zusammengerollt und regungslos nicht weit über unseren Köpfen gut getarnt in einem kleinen Baumspalt. Es ist für mich auf den ersten Blick überhaupt nicht erkennbar um was es sich hier eigentlich handelt.
Wir bleiben aber weiterhin auf der Lauer liegen und halten unsere Kameras bereit. Diese kleinen Äffchen werden höchstens 130 g „schwer“ und verfügen über einen einzigartigen Kommunikationskanal im Tierreich: Sie kommunizieren im Hochfrequenz-Ultraschallbereich! Ihre Rufe und Laute erreichen Frequenzen von über 70 Kilohertz. Das ist weit über dem menschlichen Hörvermögen, das bei 20 Kilohertz liegt. Da weder ihre Fressfeinde, noch ihre Beutetiere diese Ultraschalllaute hören, bleiben sie sehr lange unbemerkt. Faszinierende Tierre!
Eine Koboldmakiefamilie besteht aus zwei bis sechs Tieren, die in einem Territorium von 1 – 4 ha Größe leben. Wie der Name schon sagt, ist der Sulawesi-Koboldmaki hier endemisch und er lebt nachtaktiv. Die im Familienverband lebenden Koboldmakis verlassen in der Nacht ihre Verstecke um kleine Insekten zu jagen.
Als es schon fast finster ist, werden sie plötzlich munter und beginnen sich zu regen. Im nächsten Moment schauen uns sogar drei Augenpaare aus der Höhle entgegen! Extrem süß sind sie, die kleinen Kobolde mit ihren großen Kulleraugen und den langen Fingern, mit denen sie sich am Baum festkrallen. Unsere Kameras klicken und ich freue mich diese kleinen Kobolde bei ihren Streifzügen durch die Nacht beobachten zu können. Ein wirklich unvergessliches Erlebnis!
Abschied von Sulawesi
Auf unseren Dschungelwanderungen durch riesige Brettwurzelbäume, Farne und Würgefeigen sahen wir vieles von dem was die Tierwelt im Tangkoko Nationalpark zu bieten hat: Schopfmakaken, Koboldmakis, Nashornvögel, Kuskus-Bären und viele andere Vögel und Insekten. Auch wenn unser Besuch auf Sulawesi eigentlich viel zu kurz war, bin ich froh, all das erlebt zu haben und meine Erwartungen wurden sogar noch übertroffen!
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