Island – Land der Kontraste
Endlich wird ein Traum wahr – unzählige Wasserfälle, endlose Weiten, herrliche Küsten und Strände, steile Felsklippen, aufragende Gletscher und bizarre Lavafelder, all das wollen wir 14 Tage lang erkunden und erleben.
Lange Zeit habe ich mich mit Island beschäftigt und an Bildern und Berichten alles verschlungen, was mir unterkam. Doch die Wirklichkeit vor Ort hat alle meine Erwartungen übertroffen. Island ist ein landschaftliches Paradies und ein wahres Eldorado für Naturfotografen!
Um während unseres Aufenthaltes möglichst flexibel zu sein, fiel unsere Wahl auf einen Allrad-Camper. Zimmer, Küche, Kabinett – alles dabei! Ein teurer Spaß, aber auf ein bisschen Komfort wollten wir dann doch nicht verzichten.
Die Route stand natürlich schon vor der Reise fest und bis auf ein paar kleinere Abstecher haben wir uns an unseren Zeitplan gehalten. In den zwei Wochen legten wir knapp über 3.000 Kilometer zurück.
Es geht los!
Die erste Etappe ist Landmannalaugar im südwestlichen Hochland von Island. Für mich gleich das erste große Highlight zu Beginn unserer Rundreise! Landmannalaugar liegt im Naturschutzgebiet Fjallabak. Schon der Weg dorthin über eine sogenannte F-Piste, eine Schotterpiste im Hochland, die besser nur von Allradfahrzeugen befahren werden sollte, ist ein Abenteuer. Einige kleinere Flüsse müssen gefurtet werden, bevor wir die Fahrt auf der staubigen und mit zahlreichen Schlaglöchern versehenen Straße weiter fortsetzen können – für unser Fahrzeug aber kein Problem. Wir erreichen den Campingplatz bei Landmannalaugar abends und machen es uns zum ersten Mal in unserem Camper bei selbstgekochtem Abendessen gemütlich. Trotz Aufregung schlafe ich überraschend gut und kann es kaum erwarten am nächsten Tag das Gebiet zu erkunden. Doch Landmannalaugar erwartet uns am nächsten Morgen typisch isländisch: 6°C, windig, Nieselregen. Wir lassen uns davon aber nicht abschrecken und marschieren Richtung Bláhnúkur, einem ca. 940 m hohen „Aussichtsberg“. Mit jedem Höhenmeter, den wir zurücklegen, wird der Ausblick über das gesamte Gebiet faszinierender. Die umliegenden Berge schimmern in den schönsten Farben: rötlich-braunes Rhyolithgestein, schwarz-graue Lavagesteine, gemischt mit grünen Moosen und weißen Schneeresten – ein toller Kontrast!
Da sich das Wetter auch am nächsten Tag nicht gebessert hat, beschließen wir doch schon früher als geplant weiter zu fahren. Über Stock und Stein setzen wir den Weg auf der F208 fort Richtung Süden. Es warten wieder mehrere Furten auf uns, ein paar davon sind mit einem Wasserstand von über 70 cm doch recht tief und abenteuerlich. Die schroffe Vulkanwüste links und rechts unseres Weges verleiht der Landschaft ein tristes Aussehen und lässt ein Gefühl der Abgeschiedenheit aufkommen.
Das südliche Island
Im Süden von Island, auf der Ringstraße wieder angekommen, präsentiert sich uns ein Wasserfall nach dem anderen und Island von seiner besten Seite – strahlender Sonnenschein. Die vielen Touristen versuchen wir mit ein bisschen Geduld so gut es geht bei den beiden Wasserfällen Seljalandsfoss und Skogafoss auszublenden.
Wir verbringen zwei Tage rund um Vik i Mýrdal, dem südlichsten Ort Islands. So weit das Auge reicht, blühen hier im Juni üppige und herrlich duftende Lupinenwiesen. Nur ca. 10 km nördlich von Vik liegt die Katla, einer der aktivsten Vulkane Islands, der zum größten Teil vom Gletscher Mýrdalsjökull bedeckt ist.
Da es aufgrund der Mitternachtssonne im Juni so gut wie nicht dunkel wird, verbringen wir die halbe Nacht am Strand von Vik, einem der weltweit schönsten Strände. Der Strand besteht aus schwarzem Lavasand und man hat hier einen guten Blick bis zu den drei Felszinnen Reynisdrangar. Der isländischen Sage nach handelt es sich hierbei um versteinerte Trolle.
Der Wind bläst uns nachts hier sehr frisch um die Ohren und wir fotografieren bis unsere Finger trotz der Handschuhe klamm werden.
Gletschereis
Ein weiteres landschaftliches Highlight ist der Skaftafell-Nationalpark. Den fünften Tag unserer Reise verbringen wie hier. Ein sehr bekannter Wasserfall befindet sich in diesem Nationalpark: der Svartifoss. Im Besucherzentrum direkt am Campingplatz holen wir uns Wanderkarten und gehen von dort Richtung Wasserfall, der zu der Hauptattraktion des Parks zählt. Um ca. 7 Uhr brechen wir auf und haben so den Wasserfall für uns alleine. Der „schwarze Wasserfall“, wie er auch genannt wird, plätschert 12 m in ein basaltsäulenumrahmtes Becken, das rundherum reich mit Farnen und Moosen bewachsen ist.
Wir folgen den Weg weiter östlich und steigen zum Aussichtspunkt Sjónarnípa hoch. Es lohnt sich auf jeden Fall, denn von dort hat man einen unvergesslichen Blick auf die Gletscherzunge Skaftafellsjökull und den Schmelzwassersee am Fuß. Der Skaftafellsjöküll ist eine 10 km lange Gletscherzunge des Vatnajöküll, dem größten Gletscher Europas. Die Gletscherzunge weicht jährlich um 20-50 m zurück.
Wir haben wieder traumhaftes Wetter und so lässt auch der erste isländische Sonnenbrand nicht lange auf sich warten.
Am späten Nachmittag geht’s weiter, unser Endziel des heutigen Tages: der Gletschersee Jökulsárlón. Die Gletscherflusslagune ist mit ungefähr 200 m der tiefste See Islands. Bis zu 15 Meter hohe Eisberge lösen sich von der Gletscherzunge des Breiðamerkurjökull ab und fallen mit einem lauten Donnern in den See. Eine weitere Besonderheit des Sees ist, dass er direkten Zugang aufs nahe gelegene Meer hat, in das die Eisberge treiben und von dort immer wieder an den schwarzen Sandstrand gespült werden – eine faszinierende Kulisse!
Um möglichst nahe an die im eiskalten Wasser treibenden Eisberge ran zu kommen, buchen wir kurzerhand eine Zodiactour. Wir werden in einen dicken Overall samt Schwimmweste gesteckt und in rasantem Tempo rasen wir den Eisbergen entgegen. So fest eingepackt, kann ich mich eigentlich kaum bewegen, Spaß macht’s aber allemal und zum Fotografieren reicht`s zum Glück auch noch.
Faszinierend beobachten wir die Farbunterschiede in den Eisbergen, die in allen Größen und Formen an uns vorbeitreiben. Das Blau rührt von luftarmen Eis und deren Reflexion her, das Schwarz von vulkanischer Asche.
Unseren Camper parken wir abends direkt neben dem Strand mit Blick auf das Meer, einen besseren Schlafplatz für heute kann es nicht geben! Der Wind weht vom Meer stark und schaukelt uns langsam in den Schlaf.
Richtung Norden
Eine 340 km lange Fahrt liegt nun vor uns. Wir wollen nach Bakkagerði , ganz im Osten Islands, um Papageitaucher zu fotografieren. Der Weg führt uns über eine geschotterte Passstraße in das 100 Seelen zählende Fischerdorf. Auf dem Hafnarhólmi, dem Vogelfelsen am Hafen, befinden sich Brutkolonien von vielen Seevögeln. Wir trauen unseren Augen kaum, als wir bemerken wie nahe wir an die Vögel rankommen und diese sich durch unsere Anwesenheit scheinbar überhaupt nicht stören lassen.
Küstenseeschwalben segeln am Himmel und hunderte Papageitaucher hüpfen zwischen den Bruthöhlen vor uns umher. Ein unglaubliches Gezwitscher ist rund um uns zu hören und es macht großen Spaß dem munteren Treiben zu zusehen.
An vielen anderen Orten Islands sind Vogelbeobachtungsgebiete im Juni aufgrund der Brutzeit gesperrt. Umso mehr freuen wir uns den überaus lohnenswerten Abstecher nach Bakkagerði gemacht zu haben.
Wir haben nun bereits 1.300 km hinter uns. Endlos wirkende Straßen vor uns, aber nach fast 4 Stunden Fahrt von Bakkagerði aus haben wir unser nächstes Tagesziel erreicht: den Dettifoss. Der Dettifoss ist der größte Wasserfall im Nordosten von Island und der leistungsstärkste Wasserfall Europas.
Unser Allradfahrzeug macht sich auch hier wieder bezahlt. Über die Wellblechpiste brettern wir ohne Probleme und hinterlassen eine dichte Staubwolke.
Bevor wir den Dettifoss überhaupt noch sehen, hören wir das laute Donnern schon von weitem. Je näher wir kommen, desto beeindruckender und gewaltiger wird der Wasserfall.
Etwa 30 Kilometer vor der Mündung in den Arktischen Ozean stürzen sich die unüberschaubaren grau-braunen Wassermassen der Jökulsá á Fjöllum über eine Breite von 100 Meter 45 Meter in die Tiefe. Bis zur Fallkante klettern wir über die Steine nach vor, um das einmalige Naturspektakel aus nächster Nähe zu bestaunen und uns die frisch aufgewirbelte Gischt ins Gesicht wehen zu lassen.
Hexenkessel und Teufels Küche
Das geothermale Gebiet Krafla, eines der aktivsten Vulkangebiete der Erde, und das Solfatarengebiet „Hverarönd“ sind unsere nächsten beiden Ziele.
Die Vulkanspalte Leihrnjúkur ist Teil des Vulkansystems der Krafla. Die letzte Ausbruchsserie begann 1975 und hielt bis 1984 an. Man wandert auf ausgewiesenen Wegen zwischen erkalteten Lavagesteinsbergen umher. Ich bin beeindruckt von den Ausmaßen des Gebietes und fühle mich wie in einer surrealen Welt, denn immer wieder steigt warmer Dampf aus den Lavaspalten. Ich habe das Gefühl, dass es jederzeit wieder losgehen kann.
In Hverarönd wandern wir zwischen schmatzenden Schlammtöpfen und blubbernden Quellen umher. Es stinkt erbärmlich nach Schwefel und die Erde ist gelblich-orange verfärbt. An anderen Ecken brodelt grauer Schlamm und zwischen Gesteinsbrocken faucht heißer Rauch empor. Die Farbenvielfalt ist beeindruckend. Nirgendwo sonst scheint man der Hölle näher zu sein.
Ein weiteres lohnenswertes Ziel, auf das ich mich besonders gefreut hatte, ist der Goðafoss („Wasserfall der Götter“), der seinen Namen alle Ehre macht! Im traumhaften Abendlicht genieße ich den Anblick des Wasserfalls, der sich zu einem türkisfarbenen Fluss formt und von Basaltgesteinen mit faszinierenden Auswaschungen umgeben ist.
Snaefellsjöküll
Die letzten beiden Tage sind ganz der Halbinsel Snæfellsnes im Westen von Island gewidmet. Die abwechslungsreiche, mit einem der berühmtesten Gletscher Islands gekrönte Halbinsel, ist ein landschaftliches Kleinod. Vor allem an der Südküste verbringen wir viel Zeit.
In der Nähe des schwarzen Sandstrandes Djúpalónssandur befinden sich die Gesteinssäulen Lóndrangar auf denen viele Seevögel nisten. Auf den rundgewaschenen Klippen finde ich viele Fotomotive und immer wieder neue Perspektiven.
Es dauert aber nicht lange und ich beschließe mich auf einen Felsen zu setzen, die warme Abendsonne und den Blick aufs Meer hinaus zu genießen und die letzten beiden Wochen noch einmal Revue passieren zu lassen. Ein wenig Wehmut macht sich breit, denn langsam aber sicher geht unsere Rundreise zu Ende. All die Erlebnisse und das Gesehene, die Ruhe, die Weite und die Unberührtheit dieses Landes haben einen stark prägenden Eindruck hinterlassen.
5 Comments
…der gekonnt und feinfühlig fotografierte Bilderbogen wie auch der Reisebericht ist ein Genuss für jeden Island-Freund…
RW
Dank dir Rainer!
.. .in meinen Augen, sind hier so ziemlich die besten Wasserfall Bilder … beeindruckend !!!
lg Gerald
Haben vergangene Pfingstferien fast die gleiche Tour gemacht. Bin durch Zufall auf diese Seite geraten, weil ich Namen wie Jökulsárlón nicht mehr im Kopf hatte. Sind echt gelungene Aufnahmen!
Danke, Caroline, das freut mich! Hoffe du hattest mindestens genauso tolle Tage wie ich! 🙂